DIE BRÜHL-ORTE IN KURSACHSEN
Das Weingut Alfriedstein in Radebeul, Ortsteil Niederlößnitz, geht auf den Landweinmeister Friedrich Roos zurück, der seit 1734 ausgedehnten Weinbergbesitz in der Niederlößnitz erwarb. 1742 bis 1745 ließ er im Weinberg ein barockes Herrenhaus errichten. Familie Roos verkaufte das Anwesen im April 1763 dem sächsischen Premierminister Heinrich Graf von Brühl, der nach der Plünderung und Zerstörung seiner Liegenschaften im Siebenjährigen Krieg nach einer unversehrten Besitzung suchte. Wohl in der Absicht, hier seinen Lebensabend zu verbringen, taufte er das Anwesen auf den Namen „Mon repos“ – „mein Ruheplatz“.
Das Rittergut Bollensdorf in der Niederlausitz gelangte 1756 durch Kauf an Heinrich Graf von Brühl. In seinem Testament vererbte er den Grundbesitz seinem Sekretär Carl Heinrich von Heineken (1707-1791) als Dank für 24 Jahre treuen Dienst. 1775 stiftete Heineken ein Majorat. Seine Nachfahren hatten das Rittergut bis zur Bodenreform 1945 in Besitz. Letzte Inhaberin war Margarethe Freifrau von Bischoffshausen, geborene von Heineken, mit der 1952 die Familie erlosch. Das Herrenhaus Bollensdorf wurde in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs geplündert und niedergerannt.
Ursula Katharina Prinzessin von Württemberg, bekannt auch als Fürstin von Teschen, eine frühere Mätresse Augusts des Starken, ließ 1727/28 in ihrem herrschaftlichen Garten in Dresden-Friedrichstadt ein Gartenpalais errichten. 1736 kaufte Heinrich von Brühl den Garten und das Palais, das er nach Plänen von Johann Christoph Knöffel umbauen und um Seitenflügel erweitern ließ. 1763 wurde im Brühlschen Garten das Ordensfest des Polnischen Weißen Adlerordens gefeiert.
Der Hauptwohnsitz des Grafen Brühl war ein Palais in der Dresdner Innenstadt, zwischen Augustusstraße und Brühlscher Terrasse, das ab 1734 nach Plänen von Johann Christoph Knöffel errichtet und bis 1763 mehrfach erweitert wurde. Über eine Brücke war es mit den zur Elbe gerichteten Wallanlagen verbunden, auf denen Graf Brühl ab 1739 einen Garten mit Brunnen und Gebäuden errichten ließ. Der Brühlschen Garten war mit den „Brühlschen Herrlichkeiten“ angefüllt. Dazu gehörten die Brühlsche Bibliothek, die Gemäldegalerie, das Belvedere und der Brühlsche Gartenpavillon.
1746 kaufte Heinrich Graf von Brühl Stadt und Amt Forst in der Niederlausitz und vereinte diesen Besitz mit der Herrschaft Pförten rechts der Lausitzer Neiße. Das Schloss Pförten nutzte er als Residenz, während im Schloss Forst eine Tuch- und Leinenmanufaktur eingerichtet wurde. Die evangelische Stadtkirche St. Nikolai in Forst bestimmte er zur Hauptkirche seiner Niederlausitzer Herrschaft.
Gangloffsömmern bei Weißensee in Thüringen war der älteste Grundbesitz der Grafen von Brühl. Teile des Ritterguts waren schon 1479 im Besitz der Familie. Der Ort lag im Thüringer Kreis des Kurfürstentums Sachsen. 1738 verkauften Heinrich Graf von Brühl und seine Geschwister das Rittergut an den Herzog Johann Adolph II. von Sachsen-Weißenfels. Als 1746 die Nebenlinie Sachsen-Weißenfels ausstarb und sämtliches Vermögen an Kursachsen fiel, schenkte August III. seinem Premierminister den Stammsitz der Brühls.
1747 kaufte Heinrich Graf von Brühl von den Erben der Familie von Neitschütz die Oberlausitzer Rittergüter Gaußig und Diehmen. Er übernahm damit auch das stattliche, um 1700 erbaute Barockschloss in Gaußig. Bereits 1750 veräußerte er den Besitz an den Hermann Carl Graf von Keyserlingk (1696-1764), damals russischer Gesandter am preußischen Hof in Berlin. 1766 gelangte Gaußig an Peter von Riaucour. Dessen Sohn Andreas trug umfangreichen Grundbesitz zusammen, der bis 1945 im Besitz seiner Nachfahren, der Grafen von Schall-Riaucour blieb. Nach der Bodenreform diente das Schloss als Erholungsheim der TU Dresden.
Grochwitz bei Herzberg/Elster war das erste eigene Rittergut Heinrichs von Brühl. Er kaufte es 1731 von Carl Gottlieb von Römer, damals erst 31 Jahre alt. 1736 ließ er sich nach Entwurf von Samuel Locke ein beeindruckendes Schloss errichten. Der Mitteltrakt war mit einer Kuppel überwölbt, aus der eine Laterne und ein Obelisk hervorwuchsen, was dem Schlossbau eine eigenwillige Akzentuierung gab. Im Oktober 1757 besetzte Friedrich II. von Preußen das Schloss und ließ es ausplündern, knapp ein Jahr später, im September 1758, brannten preußische Soldaten das Schloss nieder.
Lindenau bei Ortrand, heute in Brandenburg, war der östlichste Ort des Markgraftums Oberlausitz. Das Schloss ist aus einer mittelalterlichen Wasserburg an der Grenze der Oberlausitz zur Mark Meißen entstanden. 1744 kaufte Heinrich Graf von Brühl Rittergut und Schloss Lindenau wie auch das benachbarte Rittergut Tettau. Brühl übernahm einen Renaissancebau mit dominierendem Treppenturm. Baumaßnahmen in diesem Bestand sind nicht bezeugt; auch ist nicht bekannt, wie oft der Premierminister Lindenau besuchte. 1758 verwüsteten preußische Soldaten das Schloss. Brühls Erben verkauften die Rittergüter Lindenau und Tettau 1780 an die Familie von Vieth. Von 1833 bis 1945 befand sich Lindenau in der Hand der Grafen und Fürsten zu Lynar. Um 1920 wurde das Schloss im neobarocken Stil umgebaut und erweitert. In den Jahren der DDR nutzte man es als Kinderheim.
Heinrich Graf von Brühl kaufte 1743 einer Mätresse des britischen Königs, Marianne Amalie Sophie von Wallmoden, das Rittergut Nischwitz bei Wurzen ab. Brühls Architekt Johann Christoph Knöffel baute ein älteres barockes Herrenhaus, das bereits 1714 bis 1720 entstanden war, ab 1745 in eine imposante Dreiflügelanlage um, die noch heute einen Eindruck von Prachtentfaltung und Kunstgenuss vermittelt. Im Unterschied zu Grochwitz oder Pförten sind die Innendekorationen aus der Mitte des 18. Jahrhunderts größtenteils erhalten geblieben.
Schloss Oberlichtenau ist einer der schönsten barocken Adelssitze in der Oberlausitz. Christian Gottlieb von Holtzendorff (1696-1755) ließ es ab 1726 erbauen. Bereits 1744 veräußerte er das Schloss zusammen mit dem Rittergut Ober- und Niederlichtenau an Heinrich Graf von Brühl. Für den Premierminister, der Oberlichtenau allerdings nur selten besuchte, wurde ein ausgedehnter französischer Garten angelegt. 1760 ließ König Friedrich II. von Preußen das Schloss verwüsten. Brühls Erben verkauften Oberlichtenau 1774 an den Grafen Andreas von Renard, dem der einflussreiche Minister Camillo Graf Marcolini nachfolgte. Von 1948 bis 2005 beherbergte das Schloss ein Kinderheim.
Das Rittergut Pesterwitz entstand erst 1651. Der kurfürstliche Sekretär Christian Reichbrodt von Schrenkendorf bildete es aus vier von ihm erworbenen Bauerngütern und ließ das heute noch vorhandene Herrenhaus errichten. 1737 kaufte Heinrich Graf von Brühl wohl als Kapitalanlage dieses Rittergut. Bereits 1740 veräußerte er es an Friederike Sidonie von Nimptsch, geborene von Hanstein.
1740 kaufte Heinrich Graf von Brühl von den Erben des Grafen Christoph Heinrich von Watzdorf die Niederlausitzer Herrschaft Pförten. In den folgenden Jahren erwarb er weitere Rittergüter der Umgebung: Zauchel (Suchodół), Datten (Datyń), Jehser (Jeziory Dolne) und Kohlo (Koło) – und schließlich 1746 Stadt und Amt Forst. Die von Brühl geformte Besitzeinheit Forst-Pförten war die zweitgrößte Herrschaft in der Niederlausitz.
Nur einen Tag nach dem Kauf des Ritterguts Gaußig erwarb Heinrich Graf von Brühl 1747 das Rittergut Putzkau südöstlich von Bischofswerda für 60.000 Taler. Bei der Übergabe befand sich der Neuhof in einem desolaten Zustand. Offenbar gelang es Brühl, den Wirtschaftsbetrieb wieder zum Laufen zu bringen. Bereits 1751 veräußerte er Putzkau für 104.000 Taler und folglich mit reichem Gewinn an den aus Warschau stammenden kursächsischen Gesandten Andreas von Riaucour, der auch Gaußig kaufte.
Nachdem Heinrich von Brühl 1731 das Rittergut Grochwitz erworben hatte, kaufte er 1734 auch noch das benachbarte Rittergut Rahnisdorf. Beide Güter bildeten seitdem einen gemeinsamen Wirtschaftsbetrieb. Bewohnt wurde nur das Schloss in Grochwitz. Nach der Verwüstung durch preußische Soldaten 1758 verkaufte Heinrich Graf von Brühl die Güter 1761 an Adolph Christian Wendler. 1821 gelangten beide Güter an die Familie von Palombini. Während Grochwitz 1938 verkauft werden musste, blieb Rahnisdorf in Familienbesitz.
Heinrich Graf von Brühl wurde von den Königen August II. und August III. mehrfach mit Anwartschaften auf Rittergüter belohnt, bei denen ein Aussterben der Besitzerfamilie aufgrund fehlender Nachkommen zu erwarten war. So erhielt er 1732 Seifersdorf zugesprochen. Als 1747 Hans Georg von Grünrodt auf Seifersdorf starb, ohne männliche Erben zu hinterlassen, fiel der Grundbesitz dank der Anwartschaft an den Premierminister. Ob Heinrich Graf von Brühl jemals in Seifersdorf war, ist nicht sicher belegt. Nach seinem Tod wurde der Nachlass zunächst unter eine Zwangsverwaltung gestellt. Um Schulden abzutragen, mussten die Söhne den Grundbesitz nach und nach verkaufen. Hans Moritz Graf von Brühl, der jüngste Sohn des Premierministers, erhielt aus dem Nachlass zunächst das Rittergut Zschepplin bei Eilenburg. Als sich abzeichnete, dass auch dieser Besitz zu halten war, entschied er sich 1774, das Rittergut Seifersdorf zu übernehmen, das einen wesentlich geringeren Wert hatte.
Das Rittergut Weidlitz bei Bautzen kam 1746 in den Besitz des sächsischen Premierministers. Er kaufte das Anwesen von Jacques Le Coq, veräußerte es aber bereits 1749 mit Verlust an den Dresdner Kanzleisekretär Friedrich Philipp Lingke. Über dessen Tochter gelangte der Besitz an die Familie Hermann, die das Rittergut bis 1945 bewirtschaftete. Aus der Brühl-Periode ist nichts erhalten. Das Herrenhaus wurde 1842/43 neu erbaut. 1945 erfolgte die Auflösung des Ritterguts.
Mit dem Erlös aus dem Verkauf der Rittergüter Grochwitz und Rahnisdorf erwarb Heinrich Graf von Brühl 1761 das Rittergut Zschepplin bei Eilenburg. Dabei ging eine imposante, jedoch damals veraltete Schlossanlage im Renaissancestil in seinen Besitz über. Um diesen Herrschaftssitz bewohnen zu können, ließ er an die Vierflügelanlage ab 1762 einen spätbarocken Flügel anbauen, den vermutlich Friedrich August Krubsacius entwarf. Im Inneren wurden eine großzügige Eingangshalle mit Treppenhaus und eine barocke Raumfolge geschaffen. Brühls Erben beschlossen, Zschepplin dem jüngsten Sohn des Premierministers zu überlassen, Hans Moritz, der auch dorthin zog.
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